Dienstag, 26. Februar 2013

Lachen im Hals

Ich bin ungefähr so lustig wie dieser Clown.
Aber hoffentlich auch genauso gruselig.
Bild von hier.

Vor ein paar Monaten fragte mich ein Freund - einer von den Jungs hier - ob ich nicht für diese Zeitschrift namens "Exot" einen lustigen Text schreiben wolle. Ich sagte: Gerne, aber lustig kann ich nicht. 
Ich schrieb trotzdem einen lustigen Text. Schickte ihn hin. Und hörte danach nie wieder was von der Exot-Redaktion, so lange, bis ich erfuhr, dass die neueste Ausgabe schon längst erschienen war. Ohne meinen Text. So war das. Wie gesagt: Lustig kann ich nicht.



Mein erster lustiger Text, oder: Wer schmunzelt, kriegt eine geklebt

Ich kann nicht lustig schreiben. Wirklich nicht. Ich kokettiere nicht, das ist jetzt nicht, um eine großartige Pointe vorzubereiten. Wenn ich schreibe, schreibe ich nicht lustig. Ich meins ernst. Keine Ahnung, warum dieser Text hier steht. Ich kann das nicht, dieses fluffige, hopsige, häschenartige. Wenn ich schreibe, hoppelt da nichts durch grüne Sommerwiesen. Wenn ich schreibe, dann drechselt eine portugiesische Industriemaschine aus dem frühen 19. Jahrhundert – jedes dampfenden Ventil dazu designt, das portugiesische Proletariat zu unterdrücken - Sätze, von denen Thomas Mann Alpträume bekommt. Ja, immernoch. Ich weiß, dass er tot ist. Thomas Mann ist in der Hölle, Armeen von kleinen Hemingways schmeißen ihm dort meine unlektorierten Sätze an den Kopf, so lange, bis er sich darunter nicht mehr bewegen kann. Dabei lachen sie, die kleinen, bärtigen Alkoholiker. So wenig lustig bin ich.

Donnerstag, 21. Februar 2013

Guerilla

"Ist es ein gutes Spiel? Die Frage klären klären wir später. Erstmal die wichtigen Sachen. Es gibt Häppchen. Und wo es Häppchen gibt, fühle ich mich immer willkommen. Selbst wenn im Hintergrund eine Spezialeinheit lautstark die Welt rettet, offenbar, indem sie – aber das ist ja  Standardprozedere bei solchen Spezialeinheiten - große Teile davon erschießt bzw. in die Luft jagt."

Pressepräsentation. Bild von mir.
Auch, wenn die Zukunft des TITEL-Magazin im Moment etwas ungewiss ist - die Redaktion für digitale Spiele, beispielsweise, ist letztens geschlossen Richtung nahaufnahmen.ch abgewandert - habe ich es immer sehr genossen, dort zu schreiben. Schlicht, weil es dort immer auch Raum für meine Experimentierwut gegeben hat, und ich dort Texte veröffentlichen konnte, die sonst so vielleicht nirgends erschienen wären. 

Der oben verlinkte Text hat sein Leben eigentlich als Kritik zum Anschleich-Shooter "Tom Clancy's Ghost Recon Future Soldier" begonnen, von der ich zu dem Zeitpunkt auch noch nicht genau wusste, wo und wie sie veröffentlicht wird. Dann fand ich aber - das passiert mir meistens - das ganze drumherum der Pressepräsentation viel interessanter als das Spiel selbst. Also wurde aus der Kritik eine Reportage, "mehr so der Beat-Ansatz" schrieb einer der TITEL-Kollegen. Ob ich das mit dem Beat so unterschreiben würde, weiß ich nicht. Aber: Mehr so der Guerilla-Ansatz, das schon. Glaube ich. 

Sonntag, 17. Februar 2013

Exen googlen

Als Dank für den Text bekam ich noch einen Abzug
von der Petersilie. Bild von mir. 

Das sind so Sachen, die machen immer wieder Spaß: Ich habe eine Zeit lang viel für den kleinen Kinderbuchverlag "Autumnus" geschrieben. Diese beiden Essays, zum Beispiel. Der Verlag ist auch sehr aktiv dabei, neue Zeitschriften und Hefte aus dem Boden zu stampfen - und für eines davon sollte ich zu einem Foto einen Text schreiben. Ich weiß nicht mehr, wie die Fotografin hieß, die die Bilder gemacht hat. Ich weiß nur noch, dass sie Dinge, die sie in ihrer Küche fand auf Fotopapier legte, und dabei ganz eigenartige, aber doch schöne, abstrakte Bilder herauskamen. Ich entschied mich für eines, bei dem sie Petersilie benutzt hatte, weil es genauso aussah wie der aschengraue Himmel im Winter, der, als ich den Text schrieb, schon monatelang über der Stadt hing.
Warum ich damals Exfreundinnen googlelte, weiß ich nicht mehr. Aber ich glaube, das macht jeder mal, von Zeit zu Zeit. Und ich hoffe, das wirkt jetzt überhaupt nicht merkwürdig.


Petersilienhimmel


Ich habe nichts zu tun, außer Exfreundinnen zu googlen. Selbst die Petersilie in der Küche kann ich nur jeden zweiten Tag gießen, und das ist schon zuviel für sie, sie wächst nicht, sie bleibt immer nur klein und krüppelig. Wenn sie blüht, dann schneide ich die Blüten ab. Seit Tagen habe ich den Himmel nicht gesehen, nur die graue Aschesuppe über mir. Meine Ex-Freundinnen waren alle allergisch gegen Petersilie. Die eine ist jetzt Reiseverkehrskauffrau, die andere Friseuse. Sie bekamen rote Pickel davon am ganzen Körper. Es wird den ganzen Tag nicht hell. Ich google Exfreundinnen. Die Petersilie habe ich erst heute morgen gegossen. Eine kleine Blüte landete im Biomüll. Einer dieser Tage, die hochgradig verschwendet sind. Ich habe ein Foto gemacht von dem Pflänzchen, von ganz nah, so dass es aussieht als sei es aus Plastik, und er graue Himmel ist im Hintergrund. Das Küchenkraut wuchert in die Aschesuppe hoch. Irgendwo da oben muss ja Himmel sein. Ich schicke das Foto der Reiseverkehrskauffrau, die Abwesenheitsmitteilung kommt sofort zurück. Sie ist im Urlaub. Wir haben ewig gebraucht, nur, um uns an den Händen zu halten, damals. Wir waren jung, wir hatten es nicht eilig. Wir lagen an einem kleinen Nebenarm eines Flusses, die Hände ineinander gedrückt, und wussten nicht weiter. Wir haben länger dafür gebraucht, unseren Mut für einen ersten Kuss zu sammeln als uns zu trennen. Ich schicke das Foto der Friseuse. Ihr Postfach ist voll. Ich weiß nicht mehr, was wir gemacht haben. Es regnete, sie war nass, und zog sich um. Wir lagen nebeneinander in einer Einzimmerwohnung mit unaufgeräumter Kochnische, und ich fühlte mich schwarzweiß. Sie zog aus ihrer Wohnung aus und nahm nichts mit. Ich stelle mir vor, dass die Friseuse jetzt jeden Tag Menschen verändert.

Freitag, 15. Februar 2013

Das vorletzte Ende

"Ich habe in letzter Zeit viel gefeiert. Als ich mich im Januar von meiner Freundin getrennt habe, habe ich angefangen. Als dann das Ende der GEE klar war, habe ich noch eine Schippe draufgelegt, und seitdem ich arbeitslos bin, bin ich ziemlich durchgedreht. Jetzt komme ich langsam wieder zur Ruhe, und denke an meinen Körper, an das Herz und das Hirn. Aber der Hedonismus lässt sich in diesem Fall gut mit der Jobsuche vereinbaren." 
Mehr hier.

"Liebe Leser,
im ersten Halbjahr 2013 werden vorerst keine weiteren Ausgaben des GEE Magazins erscheinen. Weder gedruckt noch digital. Für Oktober 2013 ist eine große Sonderausgabe zu unserem 10-jährigen Jubiläum geplant. In der Zwischenzeit halten wir euch hier und auf geemag.de auf dem Laufenden."
Heiko Gogolin, Ex-Ex-Chefredakteur der GEE, verschmitzt.
Bild von mir.
steht seit ein paar Tagen auf der Website der GEE, einer der, wie ich finde, besten Zeitschriften für digitale Spiele, die es da draußen so gibt, selbst nachdem die Printausgabe deutlich abgespeckt wurde, und die Zeitschrift hauptsächlich für den iPad erschien (was vielleicht, wer weiß, der erste Schritt in Richtung des aktuellen, chaotischen Niedergangs war). 

Ich möchte die Zeitschrift nicht allzu sehr loben - ich habe selber dafür geschrieben, und da klänge das vielleicht etwas falsch. Ich möchte nur sagen: Es war, bzw. ist, hoffentlich, dann später in diesem Jahr wieder, eine der wenigen Zeitschriften für digitale Spiele, die Spiele immer als Kunstform ernst genommen haben, und das ist tatsächlich und leider bei vielen anderen Games-Zeitschriften nicht selbstverständlich. Da gibt es dann gerne mal Sternchenwertungen für Grafik statt kulturellen Kontext. Die GEE hat sich immer dem New Games Journalism verschrieben, und damit kam sie mir in meinen Ansichten darüber, wie in einer perfekten Welt über digitale Spiele berichtet werden müsste sehr entgegen. 

Nun ist sie mal wieder tot, oder untot, keine Ahnung. Als das 2011 das letzte Mal passiert ist, habe ich mir den damaligen Ex-Chefredakteur (nun ja Ex-Ex-Chefredakteur) Heiko Gogolin geschnappt, und mit ihm darüber gesprochen, was damals schief gelaufen war. Das Interview ist oben verlinkt.

Freitag, 8. Februar 2013

Drogengeschichte


Ich beim Vortragen. Ein ernsthafter, junger Mann.
Bild von mir. 
Anfang 2012 hielt ich auf der Tagung "flow aus spielen" in Wolfsburg einen Vortrag über die Frage, wie viel Sinn es wohl machen könnte, auf Drogen zu schreiben.
Eigentlich ging es auf der Tagung um den Begriff "Flow" und seine kulturwissenschaftliche Bedeutung für und in Spielen, hauptsächlich ging es dabei um digitale Spiele, und es gab dazu eine irrsinnige, man möchte fast sagen: anstrengende Menge hörenswerter Vorträge. Ich war für den Blick über den Tellerrand, oder wie man es nennen möchte, eingeladen: Literatur, Flow und Drogen.

Und wenn es bei mir um Drogen und Literatur geht, dann erzähle ich immer wieder gerne diese eine Geschichte - nämlich diese eine Sache, damals, als ich in Disneyland Paris arbeitete - und deren Bedeutung für mich ich versuchte, aus meiner Schreibpraxis und der Schreibpraxis anderer Autoren heraus zu erklären, und das Ganze mit den Grundlagen des Flow-Begriffes bei Mihály Csíkszentmihályi anfütterte. 

Unten stehend: Das Skript. Man kann das - und alle anderen, wirklich auch tollen Vorträge - auch als Buch kaufen, und zwar genau hier.






Wikingerbeerdigung für Pankow.
Versuch eines Netzes zwischen Drogen, Flow und Literatur


Vor meinem Studium arbeitete ich für kurze Zeit in Disneyland Paris. Ich habe weder davor noch danach jemals wieder leichteren Zugang zu Drogen gehabt und auch niemals eine bessere Spielwiese, um sie auszuprobieren. Ich hing damals mit zwei Berlinern rum, von denen einer – Ben – mit mir zusammen im Kiosk an der Indiana-Jones- Achterbahn arbeitete, und der andere, dessen Namen ich vergessen habe, im Hotel New York die Autos der Gäste in der Tiefgarage parkte, beziehungsweise mit besonders schönen oder teuren Modellen auch schon mal ein paar Stunden in der Gegend herumfuhr, wenn es ihm passte. Die beiden teilten sich ein Zimmer in demselben Disney-Mitarbeiter-Wohnblock wie ich. Sie hatten eine Ratte namens Pankow.
Die Ratte durfte frei im Zimmer herumlaufen und starb an einer Überdosis, nachdem sie sich einen Haschischklumpen im Wert von 30 Euro einverleibt hatte, den wir schon eine Weile lang vermisst hatten. Sie hatte ihn wahrscheinlich irgendwo auf dem Boden gefunden, ihn mit in ihren Käfig genommen und in dem kleinen Plastikhäuschen, in dem sie schlief, verspeist.
Ich war da an dem Abend, an dem Ben und sein Kumpel herausfanden, dass Pankow verstorben war. Wir lagen auf dem Bett, rauchten und überlegten, ob wir etwas essen sollten, als Ben plötzlich sagte: »Ey, wat chillt ’n Pankow so eigentlich konstant in sein Häuschen?«
Die Ratte war zu dem Zeitpunkt schon zwei oder drei Tage tot, und als wir das herausfanden, warfen wir die Ratte und ihr Häuschen in eine Plastiktüte und legten alles auf die Fensterbank.

Freitag, 1. Februar 2013

Game- und Katzencontent

So sah sie aus, meine Spielkram-Seite.
Bild von mir.
Nichts besonderes, nichts großes: Für diese Ausgabe der Zeit Campus durfte ich ein paar digitale Spiele empfehlen, und mich gleichzeitig drüber lustig machen. Eine kleine Spielerei, einer dieser Texte, die nirgends herkommen, nirgends hinwollen, für nichts anderes da sind, als Spaß zu machen. Außerdem gabs auch ein Katzenbild auf der Seite mit meinem Text. Als ich das sah, was ich rundherum zufrieden. 




OMG! WTF?


Für Politologen


Das Spiel: Tom Clancy's Ghost Recon Future Soldier

Das System: Xbox360, PC, PS3

Darum geht’s: Eine futuristische Spezialeinheit des Militärs muss auf der Suche nach einer verschwundenen Atomwaffe große Teile diverser Schwellenländer in die Luft jagen. Und zwar möglichst unauffällig.

OMG!-Moment: Endlich die Steuerung durchschauen.

WTF?!-Moment: Ein feindlicher Soldat richtet eine Frau hin. Als Spieler kann man nichts dagegen tun.

Wie erkläre ich es den Eltern? Ausgehend von aktuellen sozioökonomischen Verhältnissen spinnt Ghost Recon Future Soldier eine düstere Dystopie, fast wie früher Aldous Huxley oder George Orwell. Deshalb ist das Spiel relevant für alle, die Politik oder Literatur studieren.



Für Botaniker

Das Spiel: Botanicula

Das System: PC

Darum geht’s: Eine Feder, ein Ast, ein Pilz, ein Kürbis und eine, äh, Knospe oder so, müssen in diesem Point-and-Click-Adventure den Baum, auf dem sie leben, vor einer fiesen schwarzen Spinne schützen.

OMG!-Moment: Schon die allererste Spielsekunde ist wunderschön: Die Musik! Die glänzenden Pastellfarben! Eine digitale Goaparty!

WTF?!-Moment: Wer auf die Pilze klickt, die im Weg stehen, schickt seine botanischen Freunde auf einen wilden und halluzinogenen Drogentrip.

Wie erkläre ich es den Eltern? Zeigen Sie es ihnen. Sie werden es lieben: So friedlich! Vorsicht: Wenn Ihre Eltern keine 68er oder Ethnobiologen sind, lieber nicht auf die Pilze klicken.



Für Mediävisten

Das Spiel: Legend of Zelda: Skyward Sword

Das System: Nintendo Wii

Darum geht’s: Ein tapferer Held namens Link muss die schöne Zelda retten, Drachenvögel durch die Wolken reiten und vor allem dem Drang widerstehen, nach einer Komplettlösung zu googeln.

OMG!-Moment: Endlich begreifen, wie diese Sache mit Zelda und Link begonnen hat.

WTF?!-Moment: Angesichts des mittelalterlichen Settings sind die Fließbänder im Wüstenpalast etwas irritierend. und ärgerlich. Vor allem ägerlich.

Wie erkläre ich es den Eltern? Geben Sie ihnen die Wiimote in die Hand. Warten Sie, bis sie zur Stelle mit den Zeitkristallen kommen. Wenn Ihre Eltern den Controller nicht frustriert an die Wand werfen, haben sie den Reiz des Spiels verstanden.



Für Ornithologen

Das Spiel: Angry Birds Space

Das System: Android, iOS

Darum geht’s: Grüne Schweine haben mehrere Planeten besetzt, unter anderem solche, auf denen alles aus Donuts und Popcorn besteht. Ein paar Vögel sind ziemlich wütend deswegen und schwören Rache. Klingt komisch, ist aber so.

OMG!-Moment: Die ratlosen Blicke der anderen Fahrgäste, wenn man das Spiel auf dem Weg zur Uni spielt und »Diese verdammten Weltraumschweine!« ins Handy schreit.

WTF?!-Moment: Das ganze Spiel ist seltsam, vom ersten bis zum letzten Level. Aber: Nach dem dritten oder vierten gewöhnt man sich daran.

Wie erkläre ich es den Eltern? Können Ihre Eltern ein Smartphone bedienen? Dann spielen sie es vermutlich schon längst.


Für Langzeitstudenten

Das Spiel: Diablo III

Das System: PC

Darum geht’s: Sie möchten Ihr soziales Leben reduzieren? Diablo III hilft dabei: Fangen Sie einfach an Schätze zu sammeln, Monster zu töten, und plötzlich ist es fünf Uhr morgens, am Klickfinger schwelt eine Sehnenscheidenentzündung, das Semester ist längst vorbei und die Freundin ist auch weg.

OMG!-Moment: Zehn Jahre nach dem letzten Teil der Diablo-Serie endlich die Spielverpackung aufreißen!

WTF?!-Moment: Wenn man bei der Charaktererstellung den Mönch auswählt und das Geschlecht auf weiblich stellt, erhält man eine vollbusige Kampfnonne. Hm …

Wie erkläre ich es den Eltern? Diese Quest müsst ihr allein bewältigen, tapferer Krieger.