Für die aktuelle aktuelle Ausgabe der WASD habe ich mich zwei Wochen lang bei Farmville 2 herumgetrieben, um mal herauszufinden, was das eigentlich für ein Spiel ist. Was es will, was es soll, warum es das gibt. Wie es funktioniert. Warum die Faszination so gigantisch groß ist, genau wie die Kritik. Ich habe Weizen abgebaut, Tomaten, Mais, ich habe irgendwelche Kuchen zusammengemischt und bei meinen Freunden um Babyfläschen und Bretter gebettelt. Und am Ende kam ich mir vor, wie einem Gulag. Hier also: Meine Notizen aus dem Arbeitslager.
[Die Print-Ausgabe lohnt sich übrigens sehr - 15,90 € sind zwar ein stolzer Preis, dafür aber gibts ein schickes, goldglänzendes Cover. Und ein paar der besten deutschen Schreiber über digitale Spiele, man möchte sagen: ein Dream Team, die endlich mal den Raum haben zu tun, was sie schon immer mal tun wollten. Und viele neue Erkenntnisse. Und brillante Illustrationen. Und eine Videospielwährunsumrechnungstabelle. Für alle, die schon immer mal wissen wollten, was ein Zelda-Rubin in Euros wert ist und wieviele Kronkorken man dafür bekommt.]
Meine kleine Farm
Rohstoffmangel, unbrauchbares Geld, Zeitdruck, halbfertige Ruinen von Farmgebäuden. Kaum eine Möglichkeit, etwas daran zu ändern. Trotzdem ist alles immer bunt und viel zu fröhlich. Irgendetwas stimmt da nicht. Persönliche Notizen aus einem Gulag namens Farmville 2.
1.
„Das
ist kein Spiel, das ist ein Gulag!“ schreie ich, spätnachts oder
frühmorgens, schon ein wenig betrunken. Wir sind auf dem Weg von
einem Laden, der gerade geschlossen hat zu einem, der noch lange
offen haben wird.
Ich
habe vor ungefähr drei Wochen mit Farmville
2
angefangen. Und seitdem jeden Tag gespielt.
2.
Dieser
Text sollte der Versuch einer Rehabilitation werden. Andere Menschen
– nennen wir sie echte Gamer – blicken vielleicht etwas
abschätzig auf Farmville.
Auf Candy
Crush.
Farmheroes.
Diamond Dash.
Auf diese ganzen Facebook-Zeitkiller.
Mir
ist diese Arroganz fern. Ich habe auf Facebook Pet
Society
gespielt, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich habe sogar schon einmal
69 Cent für irgendeinen Krempel bezahlt, den ich in Candy
Crush
brauchte. Ich habe solche Spiele immer gemocht. Weil sie mir auf
langweiligen Zugfahrten zur Seite gestanden haben. Weil sie so gut
gebaut sind, dass sie mich einsaugen. Weil sie manchmal genau sind,
was ich brauche.
Und
dann plötzlich stehe ich nachts auf einer dunklen Straße, und nehme
Worte wie „Gulag“ in den Mund.