Mittwoch, 3. Dezember 2014

Theater, Batman und Twitter

Ich wollte diesen Text schon lange hier bloggen, und hatte meistens keine Zeit: 
Im Mai 2014 war ich beim Berliner Theatertreffen eingeladen, zusammen mit anderen Theaterkritikern während einer 5stündigen Frank-Castorf-Inszenierung von Louis-Ferdinand Célines "Reise ans Ende der Nacht" live zum Stück zu twittern. Wir twitterten unter dem Hashtag #ttreise. Eine Zusammenfassung unserer Tweets mit 2, 3 Meinungstexten erschien im Druck und online in der "Deutschen Bühne". Die Bilanz der anderen zu der Aktion fällt eher negativ aus, weil ich aber ein großer Verfechter dieses Mitmachens bin, schrieb ich hinterher noch einen Text zu dem Thema für das Theatertreffen-Blog, für den ich in der Wirtschaftswoche ein bisschen was auf die Mütze bekam. (Ich und der Autor diskutierten das dann über Twitter aus). 



Warum wir twittern. Bekenntnisse eines Fanboys.

Als bekannt wurde, dass Ben Affleck den nächsten Batman spielen soll, war der Aufschrei groß. Während die eine Hälfte des Netzes innerhalb von Sekunden ihren Hass über jedem, der etwas mit dem Film zu tun hatte ausschüttete, dauerte es so ein, zwei Tage, bis sich die ersten Stimmen meldeten, die dazu mahnten doch lieber erstmal abzuwarten, was so draus wird. Was war passiert? Ganz einfach: Fans. Das war passiert. Menschen, die der Meinung waren, “ihrem” Batman könne, dürfe man so etwas nicht antun. Menschen, die sich auskannten, Nerds, in deren Köpfen Batman und Ben Affleck nicht über einander passten. Die, so glaubten sie, sich besser auskannten als diejenigen, die diese Entscheidung getroffen hatten. Die Fans liefen Sturm gegen eine künstlerische Entscheidung, die in ihren Augen eine Art Sakrileg war, die in ihren Augen eine Menge kaputt machte. positiv formuliert: Sie rieben sich daran. Sie taten das laut, öffentlich, unfair, manchmal beleidigend. Hier mein Bekenntnis: Ich bin Louis-Ferdinand Céline Fanboy (wir können trotzdem gerne über seinen intolerablen Antisemitismus diskutieren, aber darum geht es hier nicht). Ich habe ein langes, schwieriges und fruchtbares Verhältnis zur “Reise ans Ende der Nacht”, und gerade deshalb passe ich – wie Batman-Fans bei Batman – sehr genau darauf auf, was andere Menschen damit anstellen. Genau wie Batman-Fans bin ich der Meinung, das Buch sei ebenso sehr, vielleicht sogar mehr, meins, als das von anderen Leuten. Und, das ist hier das wichtige, ich möchte mich dazu äußern, wenn jemand, nennen wir ihn F. Castorf, etwas damit anstellt. Ich möchte das, was mir da angeboten wird nicht passiv erdulden. Ich will mitmachen.