Dienstag, 23. April 2013

Die Buchtrinkerin

Ich sitze in einer Bar. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich da hin gekommen bin. Wir sind alle
Hausbar. Foto von mir.
rübergegangen, es ist der vorletzte Tag unserer Lesetour, das heißt, wir sind müde, noch fertiger als am Tag vorher, und am dem davor, und unsere gegenseitigen Versicherungen, dass wir heute auf jeden Fall früh schlafen gehen und nicht mehr so viel Bier trinken werden, glauben wir uns nicht mehr. Es ist nach Mitternacht, irgendeine dieser Stunden, die man nie so genau mitzählt. 
Ich bin Teil einer Traube Menschen, von denen ein paar Leute noch nach irgendwo anders gehen wollen, ich weiß nicht, wo, man kann da tanzen, und ein Freund legt auf, eine dieser Sachen. Alle reden laut. Jemand baggert an jemandem rum, jemand anders erklärt irgendetwas, was morgen keiner mehr braucht, jemand drittes legt den Arm um jemand viertes, die Musik wird jede Viertelstunde lauter. 

Ich zone aus. Mache ich manchmal in solchen Situationen. Meine Augen stellen sich unscharf. Alle Geräusche werden eins. Mein Bier trinkt sich von alleine. 

Und dann gibt es dieses andere Geräusch. Eine Art Lachen, dass sich spitz durch den Raum, durch die Gespräche, durch die Durschnittsbeats bohrt.
Der Laden ist voll, es ist mitten in der Nacht, an einem Samstag. Man feiert. Das tut man dort so. An einem Vierertisch sitzt ganz allein eine Frau, einen Weißwein und ein Glas Wasser neben sich, und liest in einem Buch. Sie hat es vor sich liegen, ich kann den Titel nicht erkennen. Sie ist älter, 50, vielleicht, etwas wirre ausblondierte Haare. Nach jedem Absatz macht sie eine Pause, seufzt einmal tief, fährt sich durch die Haare, muss einen Schluck Wein trinken: Das Buch macht sie fertig. So richtig. Ich habe so etwas noch nie gesehen, noch nie erlebt, nicht bei mir selbst, nicht in der Bahn, nirgends.

Ich kann mir keinen unpassenderen Platz vorstellen, um zu lesen, mitten in einer Bar in einer lauten Samstagnacht. Ich könnte mir keinen unpassenderen Platz vorstellen, um mit einer solchen emotionalen Anteilnahme zu lesen. 

Vielleicht ist lesen auch das falsche Wort: Es sieht mehr aus, als sei das Buch ihr Stoff, irgendein Zeug, das sie wie den Wein ein sich reinsaugt. Die Buchtrinkerin.

Ich möchte nicht allzu hart romantisieren, denn diese Frau hat offensichtlich einen an der Waffel, aber: solche Menschen, sollen, bitteschön, meine Leser sein. Die Irren, die noch klar genug sind, sich wenigstens mit teurem Wein zu betrinken, die den bekloppten Beat um sich herum komplett ignorieren, und sich hin und wieder mit großen Gesten die ein oder andere Träne oder seltener auch ein Lächeln aus dem Gesicht wischen. 

Donnerstag, 11. April 2013

Luftgitarre, verdichtet



"Das Schöne an der Luftgitarre ist, dass man überall Menschen kennenlernt – professionelle Performer, begabte Möchtegernstars oder schlicht Verrückte –, die einem ähnliche Geschichten erzählen können, Geschichten mit Happy End, die zwar auch von Punkten handeln, von unfairen Wertungen, voreingenommenen Jurys und von Konkurrenz, aber hauptsächlich von Freundschaft, von Tränen, von Blut, Bier und Schweiß.
Power of Pullunder (P.o.P.) Bild: privat.
Geschichten davon, wie sich diese eigenartige Mischung aus Zufall, Alkohol und der immer wieder auftauchenden Frage: »Was mache ich hier eigentlich?« zu einem Gleichgewicht verbindet.
Geschichten davon, wie dieses Gleichgewicht zum dem Glück wird, schwitzend im Scheinwerferlicht zu stehen, mit nichts als einem Stück verdammt lauter Luft in der Hand und Rock’n’Roll im Kopf. Und was könnte man mehr verlangen?" 
 Aus dem Vorwort von "Air Guitar Heroes. Vom Spielen der Luftgitarre"



Ich spiele als Ausgleichssport ja immer gerne das Luftgitarre - wirklich. Ich ziehe ein beklopptes Kostüm an, und stelle mich da hin, mit ziemlich cooler Luft in der Hand. Ich bin da so reingerutscht, wie genau, steht dann in den unten verlinkten Texten. 
Weil, die Sache ist, ich kann auch beim Ausgleichssport nicht aus meiner Haut, und schreibe dann auch darüber. Ziemlich oft und viel, sogar. Ich verlinke dann jetzt hier auch nicht - wie üblich - nur einen Text, sondern einfach mal alles, was ich so im Laufe der Jahre übers Luftgitarrespielen veröffentlicht habe. 



Reportage über die Luftgitarrenmeisterschaft 2011 beim Tagesspiegel (lustigerweise im Sportteil von Zeit Online zweitverwertet).

Radioreportage über die Luftgitarrenweltmeisterschaft 2012 beim SWR2 (inklusive Manuskript und zum Nachhören).

"Air Guitar Heroes. Vom Spielen der Luftgitarre", ein Buch zu dem Thema, von mir herausgegeben.

Bonusmaterial:

Ein Werbevideo für die finnische Stadt Oulu, inklusive Luftgitarrenaction von mir.

Außerdem, demnächst: Ein Musikvideo der Band Mega! Mega!, in dem Luftgitarrenkollegin "The Devil's Niece" und ich auftreten.

Außerdem: 

Dienstag, 2. April 2013

Ein Topf mit persischem Kitsch


Es gibt nicht viel zu sagen zu dieser Rezension, nichts besonderes, nichts großartig neues, einfach nur eine Rezension für die Kollegen drüben bei der GEE zu einem netten, kleinen Spiel namens "The Cat and the Coup", dem wahrscheinlich einzigen Spiel, bei dem ich tatsächlich etwas gelernt habe, was ich in der Schule auch gerne gelernt hätte.



The Cat and the Coup

Das Indie-Game „The Cat and the Coup“ will seinen Spielern unbedingt etwas beibringen.
Böses Kätzchen. Bild von hier.
Das Zauberhafte daran ist, dass das nicht nach hinten losgeht.

System: PC, Mac
Entwickler: Peter Brinson, Kurosh ValaNejad
Publisher: Peter Brinson, Kurosh ValaNejad
USK: Nicht geprüft
Preis: Kostenlos / Spende

Stopp. Wir werden kurz mal ein bisschen ernsthafter. Aber erst mal müssen wir erst mal Worte finden für dieses eigenartige Game namens „The Cat and the Coup.“ Point and Click, vielleicht, nur, dass man es nicht mit der Maus spielt. Jump and Run, nur dass man selten springen oder rennen muss, sondern eher durch die Geschichte stolpert. Am ehesten könnte man es noch Geschichtsvermittlungsgame nennen, aber so was fassen wir normalerweise ja nicht mal mit der Kneifzange an.