Samstag, 7. Februar 2015

Die letzte ihrer Art

Für diese Ausgabe der WASD habe ich auch noch einen Text geschrieben. Es war eine Sammlung, in der Autoren über ihre Disketten schrieben. Ihr Verhältnis dazu, ihre Nostalgie, diese Dinge. Ein schönes Mosaik, insgesamt. Mein Text war dieser:


Die Diskette, die überlebte

Ich habe immer noch eine Diskette. Eine einzige. 3 ½ Zoll. Sie hat, ich weiß nicht, 5 oder 6 Umzüge quer durch Europa überstanden. Die Trennung meiner Eltern. Eine viel zu verrückte Exfreundin, eine viel zu traurige Exfreundin, eine, die ganz normal war und mit der ich heute auch noch spreche. Meine Diskette war bei mir als mein Herz gebrochen wurde, als ich mich verliebte, als ich Freunde kennen lernte und sie auf dem Weg wieder verlor.
15, 16 Jahre lang war sie da. Wenn mir wichtiges passierte und unwichtiges.
Sie war da, als ich alle meine anderen Disketten wegwarf, weil ich kein Laufwerk mehr hatte, dass sie lesen konnte. Sie warf ich nicht weg.
Ich habe sie heute herausgeholt. Aus einem Karton in meinem Arbeitszimmer, von ganz unten. Sie hat ein gelbes Label, das halb abgerissen ist. Ich habe einmal, eilig, das Wort „Wichtig“ darauf gekritzelt.

Ich weiß nicht mehr, was darauf ist. Ob überhaupt noch etwas darauf ist. Ich glaube nicht, dass wichtig ist. Sie ist meine Diskette. Die Diskette, die überlebte. 

Mittwoch, 7. Januar 2015

Schwarz auf Schwarz

Das Buchcover. 
Das schönste Buchprojekt, an dem ich im letzten Jahr mitgearbeitet habe ist "1000 Tode schreiben" aus dem Frohmann Verlag. Das Buch erschien im Dezember in der Version 1/4 mit 135 Texten. Es soll in diesem Jahr sporadisch upgedatet werden, und enthält dann, in Version 4/4 am Ende 1000 Texte von 1000 Autoren über den Tod - "Was für ein Projekt! Was für ein Irrsinn!" schreibt Mitautor Stefan Mesch darüber, und dem kann ich mich nur anschließen. 

Wer das Buch jetzt kauft, übrigens, bekommt jeweils ein kostenloses Update, wenn die nächste Version erscheint. 

Wer in den nächsten Versionen noch mitmachen möchte: hier klicken.

Und meinen Text stelle ich einfach mal online. 





Was, wenn sie nicht wiederkommt?

Die Sache ist: Das passiert wirklich. An den öffentlichen Orten, an denen ich mich nie mit dem Rücken zu Tür setzen will, in den Flugzeugen, in denen mein Herz bis zur Landung viel zu schnell schlägt, und in denen ich die Nieten an den Flügeln niemals aus den Augen lasse. Sie passieren wirklich, diese Katastrophen, die ich sehe, bevor sie niemals statt finden.

Montag, 5. Januar 2015

Gehypt wie geschnitten Brot

Das Magazin. Toll.
Für die letzte Ausgabe des sehr feinen, sehr liebevollen Game-Bookazines WASD (Thema: Retro) hing ich ein paar Wochen lang in Second Life rum - nicht nur gibt es das noch, es gibt dort sogar noch Menschen, bzw. ihre Avatare, und sie tun etwas. Was tatsächlich mehr ist, als ich erwartet hatte. Der Teasertext, den ich mir ausdachte war so: 
Einst war Second Life das gehypteste Ding seit geschnitten Brot. Es brachte Liebe hervor, Millionäre und Zukunftspropheten sahen gar das Web.3D heraufziehen. Jan Fischer macht sich auf die Suche nach dem, was davon übrig blieb. Ein Streifzug durch die Ruinen des Enthusiasmus.

Ich wollte wissen, was ingame in den letzten Jahren, den Jahren seit dem Hype passiert ist - nicht nur reproduzieren, sondern die Ruinen mit eigenen Augen sehen. Ich sah wenig Ruinen. 


Folgendes schrieb ich:  



Das unerträgliche Laggen des Seins


“He turns off the techno-shit in his goggles. All it does is confuse him; he stands there reading statistics about his own death even as it's happening to him




Ich stehe auf einem Hügel und unter mit laggt die Welt. Zarte, blaue und grüne Formen, leicht kantig, die sich nur pixelweise entscheiden, was sie für mich sein wollen. Vielleicht Wasser, vielleicht Pflanzen. Vielleicht  sexy Frauenponies. Die hätte es hier geben sollen, halbnackt, nackt, sie sollten Kutschen ziehen und in Pferdeställen wohnen. 
Die Insel ist leer. Ich fühle mich verloren, verloren wie einer, der zu spät zur Party kommt.  Einer der auftaucht, wenn alle, die sich küssen wollten sich schon geküsst haben, wenn alle, die was trinken wollten schon alles getrunken haben, wenn alle, die geschrieen haben schon längst bis morgen nachmittag in einer Ecke liegen.
Ich bin verloren wie einer, der zwischen den Resten steht und nicht weiß, welche Geschichte sie erzählen. 
Das da eine Geschichte ist, davon habe ich gehört. Davon, dass hier einmal Menschen träumten, dass sie sich etwas aufgebaut haben.  Dass sie sich etwas wünschten. Ich war nicht dabei, aber wenn es eine Party war, dann war ich ein Stockwerk tiefer, ich hörte die Bässe und konnte nicht schlafen. 

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Theater, Batman und Twitter

Ich wollte diesen Text schon lange hier bloggen, und hatte meistens keine Zeit: 
Im Mai 2014 war ich beim Berliner Theatertreffen eingeladen, zusammen mit anderen Theaterkritikern während einer 5stündigen Frank-Castorf-Inszenierung von Louis-Ferdinand Célines "Reise ans Ende der Nacht" live zum Stück zu twittern. Wir twitterten unter dem Hashtag #ttreise. Eine Zusammenfassung unserer Tweets mit 2, 3 Meinungstexten erschien im Druck und online in der "Deutschen Bühne". Die Bilanz der anderen zu der Aktion fällt eher negativ aus, weil ich aber ein großer Verfechter dieses Mitmachens bin, schrieb ich hinterher noch einen Text zu dem Thema für das Theatertreffen-Blog, für den ich in der Wirtschaftswoche ein bisschen was auf die Mütze bekam. (Ich und der Autor diskutierten das dann über Twitter aus). 



Warum wir twittern. Bekenntnisse eines Fanboys.

Als bekannt wurde, dass Ben Affleck den nächsten Batman spielen soll, war der Aufschrei groß. Während die eine Hälfte des Netzes innerhalb von Sekunden ihren Hass über jedem, der etwas mit dem Film zu tun hatte ausschüttete, dauerte es so ein, zwei Tage, bis sich die ersten Stimmen meldeten, die dazu mahnten doch lieber erstmal abzuwarten, was so draus wird. Was war passiert? Ganz einfach: Fans. Das war passiert. Menschen, die der Meinung waren, “ihrem” Batman könne, dürfe man so etwas nicht antun. Menschen, die sich auskannten, Nerds, in deren Köpfen Batman und Ben Affleck nicht über einander passten. Die, so glaubten sie, sich besser auskannten als diejenigen, die diese Entscheidung getroffen hatten. Die Fans liefen Sturm gegen eine künstlerische Entscheidung, die in ihren Augen eine Art Sakrileg war, die in ihren Augen eine Menge kaputt machte. positiv formuliert: Sie rieben sich daran. Sie taten das laut, öffentlich, unfair, manchmal beleidigend. Hier mein Bekenntnis: Ich bin Louis-Ferdinand Céline Fanboy (wir können trotzdem gerne über seinen intolerablen Antisemitismus diskutieren, aber darum geht es hier nicht). Ich habe ein langes, schwieriges und fruchtbares Verhältnis zur “Reise ans Ende der Nacht”, und gerade deshalb passe ich – wie Batman-Fans bei Batman – sehr genau darauf auf, was andere Menschen damit anstellen. Genau wie Batman-Fans bin ich der Meinung, das Buch sei ebenso sehr, vielleicht sogar mehr, meins, als das von anderen Leuten. Und, das ist hier das wichtige, ich möchte mich dazu äußern, wenn jemand, nennen wir ihn F. Castorf, etwas damit anstellt. Ich möchte das, was mir da angeboten wird nicht passiv erdulden. Ich will mitmachen.

Montag, 24. November 2014

Relevanzbewegungen im Netz - Notizen

Letzte Woche wurde ich eingeladen, um an der Uni Hildesheim in einem Kulturpolitik-Seminar zu sprechen. Das Seminar hieß "Perlentaucher", "Nachtkritik" & Co. Kultur(politik) online und als ich die Einladung bekam, sagte ich sofort zu. Und fragte mich erst hinterher, was ich eigentlich erzählen soll. 

In der Email, die ich bekam stand:

"Die "Digital Immigrants" lesen noch das Feuilleton auf Papier. Eine neue Generation nutzt das Internet, um kulturjournalistischen Input zu generieren. Was bieten "Perlentaucher" und "Nachtkritik" für den kulturpolitischen Diskurs, wie kulturpolitisch sind "spiegel.de/kultur" und "zeit.de/kultur", was erfährt man über Kulturpolitik durch die Online-Dienste des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Vier Wochen lang sollen tägliche Analysen die Grundlage bilden für Reflektion und Kritik, Interviews mit verantwortlichen Netzakteuren sollen die Auseinandersetzung vertiefen, mit den medialen Möglichkeiten, Kulturpolitik zu vermitteln. Es gilt, für die "Digital Natives" ein kulturpolitisches Kompendium zu konstruieren, das sich theoretisch und praktisch dem Phänomen der Internetkultur widmet."

Notizen übers Netz, ausgedruckt.
Bild von mir.
In einem Teil, des Seminars, soviel wusste ich, sollte es um meine Arbeit bei Nachtkritik als ein Medium gehen, dass sich einerseits sehr klassisch an Theaterkritik befasst, andererseits aber - bescheiden - die Möglichkeiten des Netzes nutzt: Es ist eben immer die erste Kritik zu einer Inszenierung. Um die Frage, wie das funktioniert, die zu besprechende Stücke ausgewählt werden (in komplizierten Mails-hin-und-her-schick-Verfahren), ob es tatsächlich fair ist, wenn eine Kritik so schnell geschrieben wird (Ja). 

Was mir auffiel war, dass das ganze Seminar sehr stark von einer Hierarchie ausging: Da oben die etablierten Kulturbesprecher, die konsumiert werden, da unten die Leute, die konsumieren. Online-Feuilleton (und, weiter gedacht: Online-Journalismus) einfach nur als Erweiterung der klassischen Papierfetzen ins Netz rein, aber ohne Mehrwert. Derselbe Kram wie im Print, nur auf einem Bildschirm. Das ging mir ein bisschen am Kern der Sache vorbei: So funktioniert, denke ich, die Bewegung nicht, mit der im Netz Debatten über Kultur(politik) geführt werden.* Das Seminar versucht, durch Beobachtung von Online-Feuilletons, zu prüfen, ob und inwieweit sich nicht schon längst neue Formen der Kulturbeobachtung / -besprechung etabliert haben, abseits  der klassischen Hierarchie - da oben die etablierten Kulturbesprecher, da unten die Konsumenten. Ist Online-Feuilleton nichts als eine Übertragung der althergebrachten Papierfetzen ins Netz ohne Mehrwert? Steckt mehr dahinter? Was? Wie lasen sich diese Formen finden und beobachten? Also dachte ich mir, für den ersten Teil des Seminars, den Teil, in dem ich diesen noch nicht existierenden Vortrag halten sollte, ein bisschen was aus (lustigerweise, während ich von einem Nachtkritik-Termin nach Hause fuhr und eigentlich etwas ganz anderes hätte tun sollen). Hier wären meine Notizen dazu:

Samstag, 27. September 2014

Kauft dieses Buch

Das Cover.
Ich habe - aus vielen Gründen, aber hauptsächlich, weil ich toll finde, dass das geht - mal die letzten 10 Jahre meiner Kurzgeschichten in einem Band gesammelt und auf einer Self-Publishing-Plattform veröffentlicht. Teilweise musste ich sie abtippen, weil ich sie nur noch als gedruckte Variante in irgendeinem zerlesenen Belegexemplar hatte, teilweise musste ich Mail-Accounts durchwühlen, in die ich mich 10 Jahre lang nicht eingeloggt hatte. Aber: Es hat Spaß gemacht, und jetzt habe ich diese Datei auf meiner Festplatte (und dort draußen in der Welt), die für mich eine wirklich eigenartige Sache ist, in dieser Dichte, in dieser Zusammenstellung. 
Teilweise sind die Geschichten in dem Band frühe Stolperversuche, teilweise eigenartige Experimente, und wirren Laborbedingungen gezüchtet, teilweise haben sie aber auch Preise gewonnen beziehungsweise waren für welche nominiert. Oder sind in namhaften Literaturzeitschriften erschienen. Alles in allem, finde ich, für mich persönlich, eine gute Zusammenstellung. Wers also kaufen möchte: Ich freue mich. 
Es gibt in dem Band auch ein Vorwort, das ich hier einfach mal fix reinkopiere.

Montag, 15. September 2014

Ab auf die Burg


Ich habe mich ja als Burgenblogger beworben, da geht es um ein Stipendium zwischen Mai
Das ist nicht Burg Sooneck, sondern Carcassonne.
Trotzdem schön. Bild von mir.

und Oktober 2015. Ein bisschen Geld, und dafür darf man dann auf der Burg Sooneck wohnen. Das liegt im schönen Mittelrheintal, von dem ich zwar vorher noch nie etwas gehört habe, das allerdings tatsächlich ganz wunderschön aussieht. Zur kompletten Stellenausschreibung geht es hier
Ich bin einer von 540 740 Bewerbern, und von daher wird es wohl eher nichts, aber, hey: Einfach mal probieren. 
Viele der anderen Bewerber haben ihre Bewerbungen öffentlich gemacht (und tatsächlich auch sehr gut, eine Sammlung gibt es hier). Man interagiert auf Twitter, liest gegenseitige Blogeinträge, es ist im Grunde alles ganz lustig. 
Gewinner ist übrigens jetzt schon der- oder diejnenige, die sich die Ausschreibung ausgedacht hat - die Ausschreibung geisterte wochenlang durch meine sozialen Netzwerke, immer wieder, und die vielen Bewerbungen zeigen: Ich war da nicht der einzige. Und solche Werbung kann man sich für Geld kaum kaufen. 

Hier übrigens auch mal meine Bewerbung im Originaltext. Kein Video, keine Fotostrecke, nichts aufwändiges. Nur eine simple Mail.