Donnerstag, 27. Dezember 2012

Küblböckplätzchen

Bild von hier 
2010 war ich auf einem Daniel-Küblböck-Konzert, das heißt, ich schob meinen Presseausweis vor, weil ich ich herausfinden wollte, dass verdammtnochmal der jetzt eigentlich so macht.  Und einfach mal, um zu sehen, ob es klappt, fragte ich noch nach einem Interviewtermin. Lustigerweise klappte das, und außerdem durfte ich noch auf das Konzert.

Tatsächlich war es gar nicht so schlimm, wie gedacht, eigentlich fand ich mehr die Fans erstaunlich, also eigentlich die Tatsache, dass die meisten Küblböck-Fans offenbar ältere Damen sind, die auf der Suche nach einem Ersatzschwiegersohn sind, was die ganze Angelegenheit zu einem der skurillsten Konzerte machte, auf dem ich je war. 
Außer mir waren noch zwei andere Pressevertreter da, und zum Glück hatte man uns zusammengesetzt, so dass wir uns hin und wieder in die Augen schauen konnten und uns stumm fragen, in was genau wir da eigentlich hineingeraten waren. 

Wir alle drei lieferten unsere Texte ab, und das interessanteste an der ganzen Sache war, dass die Kritiken und Reportagen, die wir geschrieben hatten, in Daniel-Küblböck-Fanforen haarklein analysiert wurden, mit einer gewaltigen Fanforenenergie jeder Satz, jeder Punkt, jedes Komma  interpretiert wurden[leider ist das ganze schon eine Weile her, und ich finde nur noch einen Link - es waren, wenn ich mich richtig erinnere, mindestens drei oder vier dieser Textanalyseforen]. Und dass man dort mit meinem Text nichts anfangen konnte - ein paar meinten, er sei despektierlich, ein paar meinten, doch eher nicht, aber größtenteils war man sich unsicher, was das eigentlich sollte. Ich weiß es auch nicht mehr genau. Aber ich erzähle nach wie vor gerne von dem Tag, als die Kommunikation zwischen mir und Daniel Küblböck gründlich schiefging. 



Plätzchen für Daniel Küblböck


Ob der Daniel die wohl mag?“, fragt Ilse, und schiebt der Kartenverkäuferin zwei Gläser mit Plätzchen über den Tisch. „Die mag der Daniel“, sagt die Kartenverkäuferin, „Ich tu die mal zu den anderen.“

Sie fummelt die Gläser in eine Tüte, die neben der Geldkassette steht. Die Tüte ist voll, schon ein bisschen ausgebeult. Ilse wird in Küblböck-Fanforen immer wieder als „besonders treuer Fan“ bezeichnet, wobei unklar ist, woher diese Differenzierungen jetzt genau kommen. Die letzten zwei Tage hat Ilse jedenfalls über die Plätzchen getwittert, die sie gerade weitergereicht hat.

Eine Viertelstunde für die Fragen

Es schneit in Hildesheim, wo das Konzert stattfinden soll. Nicht stark, aber immer mal wieder, es ist kalt geworden. Der Termin fürs Pressevorgespräch mit Küblböck ist um viertel nach drei am Tag des Konzertes angesetzt. Einlass ist zwar erst um sieben, aber zehn, zwanzig Menschen warten schon auf der Treppe vor der Halle, zusammengedrängt gegen die Kälte. In der Halle selbst werden noch Stühle geschoben, steht die Band mit Küblböck als kleines Grüppchen in der Ecke, jemand hängt ein Banner mit einem riesigen, sonnenbebrillten Küblböck auf. Das Pressegespräch findet im Backstage-Raum statt, Käsebrötchen liegen in einer Ecke auf einem Edelstahl-Tablett. Im Hintergrund sitzt als Aufpasserin eine Frau von Küblböcks Künstleragentur „Positive Energie“, von der er sich selbst vertreten lässt. Sie schaut von Zeit zu Zeit auf ihre Uhr, eines dieser damenhaften, goldenen Dinger mit schlanken Gliedern. Eine Viertelstunde Zeit für Fragen, sagt sie.

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Wutwürstchenbakterien

"Lustig ist ja, dass die Handvoll Königsblogger, die übrig geblieben sind, und die sich nach wie vor als Speerspitzen einer diffusen Art von Gegenöffentlichkeit verstehen, zu hysterischen, profilneurotischen Marktschreiern entwickelt haben, die hauptsächlich die Schlüsselreize der verdauenden Netzbakterien aktivieren als tatsächlich etwas zu tun."
Mehr hier.


Einfach mal ins Tuch beißen, statt laut zu schreien.
Bild von hier.
Eine lange Geschichte, ganz kurz: Der verlinkte Text ist ursprünglich in der ersten Ausgabe der eigenartig-wunderbaren Zeitschrift "echauffier - Magazin für Empörung" erschienen, so gegen Mitte 2011, zu den großen Zeiten des Wortes Wutbürger (sagt man das noch? Oder sind jetzt alle einfach so wütend?). Ich beobachtete zu der Zeit, dass die Menschen in meinem Facebook-Stream sich plötzlich immer mehr politisierten, was das eben auf Facebook heißt: Weniger Spiele, weniger Kätzchen, mehr Links zu Petitionen und mehr große Appelle. 

Ich wusste damals - und weiß heute auch noch - nicht, ob ich das jetzt gut finden soll. Ich bin ein eher unpolitischer Mensch (ich habe meine Gründe, sie mögen falsch oder richtig sein, aber sie sind ziemlich kompliziert, ich lasse das hier jetzt mal weg, diskutiere das aber gerne privat). Selbstverständlich finde ich es generell eher wünschenswert, dass die Menschen, die sich da in meinem Facebook-Stream artikulieren, der Meinung sind, es liefe etwas schief. 

Allerdings gibt es da diese feine Linie zwischen Artikulation und Belästigung, und die wird gerne mal überschritten. 
Mir ist es mal passiert, dass mich ein Greenpeace-Mensch fragte, ob ich nicht etwas für die Pandas spenden wolle, das war in einer Ubahn-Station, und ich sagte: Nein, und der Greenpeace-Mensch verfolgte mich tatsächlich noch ein paar hundert Meter, und fragte immer weiter, und ich sagte immer wieder Nein, und am Ende fragte er: Mögen Sie denn keine Pandas? Jeder mag doch Pandas. 
Ich mag zum Einen die Art nicht, wie mir da suggiert wird, dass ich ein schlechter Mensch bin. Und zum anderen mag ich es nicht, so belästigt zu werden.
Auf Facebook übertragen funktioniert das so, dass ich ständig irgendwelche Petitionen unterzeichnen soll, oder ich ständig zu irgendwelchen Demos eingeladen werde, dass bestimmte Artikel oder Aufrufe irrsinnig oft im Stream auftauchen, und egal ob ich das entsprechende Ding jetzt unterstütze oder nicht: Ich empfinde das als leicht belästigend. Und ein bisschen triggert das - je nachdem, wie penetrant da jetzt gepostet wird - auch dasselbe Schuldgefühl wie bei der Sache mit den Pandas. Als sei ich ein schlechter Mensch, nur weil mir das jetzt gerade egal ist (wie sinnvoll oder nicht Facebook als Plattform für politisches Engagement ist, ist nochmal eine andere Frage).  Ich möchte nicht ständig in die Kämpfe anderer Leute reingezogen werden, und ich möchte mich nicht darum kümmern müssen, dass das nicht passiert. 
Ich möchte mir bitteschön selber aussuchen, worüber ich mich aufrege. 

Ich glaube, darum geht es in diesem Text: Dass es mich schlicht irgendwann genervt hat, wenn ich von allen Seiten mit den Idealismen fremder Leute bombardiert werde. Ist jetzt nicht wirklich schlimm, aber, naja, schön ist das auch nicht. Und weil der echauffier ja das Magazin für Empörung ist, habe ich die Aufregungsregler auf 11 gedreht. 



Donnerstag, 6. Dezember 2012

Fünf aus zwei von 10x10


Ich bekomme manchmal Anfragen, nicht so oft, wie ich es mir wünschen würde, aber doch von Zeit zu Zeit. Menschen, die ich kenne, machen kleine oder große Projekte, haben bekloppte oder weniger bekloppte Ideen. 
In diesen Fall wollte jemand, den ich kenne, das Decamerone aktualisieren, es sollte ein Film werden, in dem wiederum diese neu erzählten Geschichten erzählt werden würden. Ich sollte eine dieser Geschichten aktualisieren, ich entschied mich für die fünfte Geschichte des zweiten Tages, ich weiß nicht mehr warum, aber die sagte mir am meisten zu. Ich glaube, ich fand die Lebensgefahr gut. 

Ganz ehrlich gesagt: Es ist nicht meine beste Geschichte, und ich hätte mich, glaube ich, mehr von der Vorlage lösen sollen. Überhaupt ist Rucksacktouristenprosa ein eher kritisches Genre.

Ich weiß auch nicht ganz genau, was aus dem Filmprojekt dazu geworden ist. Ich hoffe jetzt einfach mal, dass der Film irgendwo dort draußen existiert, und dass ich ihn auch mal zu sehen bekomme. 




Fünfte Geschichte
In der ein unerfahrener Rucksacktourist behauptet, dreimal in einer Nacht in Lebensgefahr geraten zu sein, am Ende aber mehr bekommt, als er wollte.

Party like it's 1349. Bild von hier.
Ich weiß nicht mehr, wie alt wir waren, auf jeden Fall waren wir jung: Wir wollten nichts als uns abschießen. Es war nicht unsere erste Reise, aber die erste Richtige: Wir hatten das Übliche hinter uns, Saufen in der Ukraine, Kiffen in Holland, solche Dinge. Würde man mich heute fragen, ich würde sagen, wir waren naiv: Wir waren einfach losgeflogen, soweit nach Süden und so billig wie möglich. Es ist in Palermo kein Problem an Drogen zu kommen: Ganz Sizilien liegt ja nur einen Steinwurf entfernt von Nordafrika, im Grunde ist Palermo eine afrikanische Stadt. Wir wollten nichts exotisches, wir wollten nur zwei, drei Joints rauchen, vielleicht einen billigen Rotwein dazu trinken, uns vielleicht auf Kirchenstufen legen und die Logik hinter den Lichtern zu erkennen. Wir stellten unsere Rucksäcke im Zimmer ab, Andre steckte ein paar Scheine in die Tasche, und wir versprachen der Wirtin – einer ausladenden Witwe mit Marienschrein in der jeder Ecke des Hauses - morgen zum Frühstück zu erscheinen.

Dienstag, 4. Dezember 2012

Zukunftskram

Das hier ist ein Text, mit dem ich mich für das CeBIT-Bloggerstipendium 2013 bewerben will, und angeblich funktioniert das ganz einfach, in dem ich diesen Link einfüge. Spannend, das, und hoffentlich klappts auch.

Es ist ein Text, in dem ich ein bisschen über die Zukunft von Retro-Design fabuliere, und die Frage, aus welcher Zeit das ganze Zeug der Zukunft kommen wird. Ich weiß, bis zu einem gewissen Punkt ist das Scharlatanerie, aber ich glaube auch, dass man aus seiner eigenen Sozialisation nur schwer herauskommt. Also los. Der Artikel. Hier drunter steht er, und er geht so:





Zurück in die Zukunft
Retro und Zukunft. Wilde Spekulationen über Geräte und Software von morgen.


Ich weiß nicht genau, was diese Grafik bedeutet.
Quelle.
Ein Einstieg, um die Nostalgie in Wallung zu bringen: Es ist Dezember 1992, ein Samstag, ich bin neun Jahre alt und habe den Nachmittag damit verbracht, in den örtlichen Geschäften Weihnachtsgedichte aufzusagen, weil es dafür Freikarten für das Karussell auf dem Weihnachtsmarkt gibt. Es ist 16:00 Uhr, und ich muss nach Hause, weil um 16:25 der Disney Club anfängt, und das will ich auf keinen Fall verpassen. 
Der Disney Club war mein erstes festes Fernsehdate, und wenn ich heute im Freundeskreis nur die Namen Stefan, Ralf und Antje sage, und dazu die ein oder andere Titelmelodie vor mich hin summe, kann ich sicher sein, dass die Antwort darauf begeistertes Gekreische ist, und eine längere Unterhaltung über die Erinnerungen, die ich damit ausgelöst habe.

Montag, 3. Dezember 2012

Indie sein

Indie Games sind irgendwie ein Ding, nach wie vor. Jedes Humble Bundle verkauft sich besser als das vorhergehende (obwohl das aktuelle Bundle nicht mehr sehr Indie ist, aber das ist ein anderes paar Schuhe), Filme wie Indie Game: The Movie mystifizieren die Szene, erheben die Protagonisten in den Status von Künstlern und behaupten das Indie-Game-machen auch als Lifestyle. Spiele wie "Super Meat Boy", "Braid" oder "Lone Survivor" sind, zusammen mit vielen, vielen anderen, tatsächlich super, und vor allen Dingen: Innovativer als die meisten Fließband-Blockbuster-Games. Steam, der Google Play Store und Apples App Store sind, trotz ihrer jeweiligen, speziellen Probleme, gute Vertriebsmöglichkeiten.

Mich interessierte, was die deutsche Indie-Szene so treibt, also trieb ich mich Mitte 2012 für die GEE überall herum und telefonierte noch mehr, auf der Suche nach den Protagonisten der deutschen Indie-Games-Szene. Und fand heraus: Es gibt sie. Es gibt viele davon. Und sie hatten großartige Sachen in den Startlöchern, die mittlerweile auch schon fertig sind.


Illustriert hat die Reportage der großartige Axel Pfaender, und allein deshalb lohnt es sich, die entsprechende, wenn auch etwas ältere Ausgabe der GEE zu kaufen







Das Leben der Anderen

Wer hätte das gedacht: In Deutschland findet sich im Moment eine starke Indie-Game-Szene zusammen, die sich auch international nicht zu verstecken braucht. Jan Fischer hat für die GEE mit den Protagonisten der Szene gesprochen.



Indie Game, das Material. Bild von hier.
Tinys Laser zerschneidet die riesige Steinfigur als wäre sie aus Butter, zwei Brocken fallen runter in den Wüstensand, wirbeln Staub auf. Tiny steht davor, seine Körperhaltung wirkt stolz, irgendwie zufrieden.
Sebastian Schulz, 32, rückt näher an den Bildschirm. Er betrachtet die beiden Brocken im Wüstensand, „Früher“, sagt er und legt den Kopf schief, „wäre da ein ganz komisches Polygon entstanden.“ Die anderen fünf Mitglieder des „Black Pants Studio“ stehen um den Bildschirm herum und nicken. Überall sind Kabel, die sich über Tischreihen mit PCs winden, mehr davon, als eigentlich in den Raum passen. An den Wänden hängen Poster von David Hasselhoff und den Scorpions. Der Raum im Gebäude Wilhelmshöher Allee der Universität Kassel trägt tatsächlich die Nummer 1337. Dass hier gerade eines der am meisten erwarteten Indie Games der nächsten Zeit entsteht, darauf käme man nicht unbedingt. Tatsächlich wird hier gerade letzte Hand an „Tiny&Big“ gelegt, und wie sehr das Spiel erwartet wird, kann man in der hinteren Ecke des Raumes sehen: Fast schon verschämt, auf einem Billy-Regal stapeln sich da Trophäen von deutschen und amerikanischen Indie-Game-Preisen.

Sonntag, 2. Dezember 2012

Rumlaufen und Beobachten


Menschen waren mir schon immer ein Rätsel, vor allem, wenn sie Dinge tun. Ich weiß nicht, ob es anderen auch so geht. Ich hoffe schon. Im Frühling 2011 hatte ich diese wunderbare Idee zu einer wöchentlichen Reihe im TITEL-Magazin, die "Passantenpassagen" heißen sollte: Ich wollte Menschen durch die Stadt verfolgen. Sie dabei beobachten. Protokollieren, was sie dort tun. Wo sie hingehen. Vielleicht dem Rätsel noch eine Ebene hinzufügen. Vielleicht einfach sehen, was passiert, wenn ich sie - zumindest für mich und die Leser - ganz kurz mal heraushebe aus dieser anonymen Masse, in der sie sich bewegen. Über die Zeit hätte sich ein, denke ich, schönes Kaleidoskop menschlicher Verhaltensweisen ergeben, ein Protokoll urbaner Bewegungsweisen, wenn man es ganz hoch hängen möchte. 

Das Ganze gedieh soweit, dass ich einen Prototyp schreiben sollte. Leider entwickelte es sich dann nicht weiter, irgendwie hatten alle gerade Urlaub, ich hatte dann anderes zu tun, die Idee schlief ein, und irgendwann verfolgte ich sie nicht mehr weiter. Einerseits finde ich das schade. Andererseits ist das vielleicht auch ein Projekt gewesen, dass  durchaus psychopatische Züge hatte.




Passantenpassagen (1): Ein Schlachtschiff von Mensch

Jan Fischer beobachtet für seine Reihe "Passantenpassagen" Menschen, die glauben anonym zu sein: Mitten in der Stadt. Notizen einer Verfolgung.


Aber auch sonst. Foto von mir.
Sie steigt am Hauptbahnhof aus der S-Bahn: Kurze, aschblonde Haare, mit schwarzen Highlights, und bei jedem Schritt schwankt sie hin und her, als gäbe es auf dem Bahnhofsvorplatz Wellengang, den sonst niemand spürt. Sie geht schnell, schneller, als man es von jemandem erwarten würde, der so ausladend ist:. Sie hält sich nicht lange an einem Ort auf: Sie überquert den Bahnhofsvorplatz, hat schon die Dönerläden, die ihn umsäumen hinter sich, schaut nicht nach rechts oder nach links, sie weicht niemandem aus: Die Leute weichen ihr aus. Sie bewegt sich, als wären alle anderen ihr ein Ärgernis, als sei die pure Anwesenheit anderer Menschen um sie herum eine Provokation. Sie flaniert nicht, sie geht nicht spazieren: Diese Frau hat ein Ziel, und mit jedem ihrer schwankenden Schritte baumeln ihre Arme vor und zurück, als könne sie einfach alle, die ihr im Weg stehen mit ihren gewaltigen Gesten wegrudern. Ein Schlachtschiff von Mensch.

Samstag, 1. Dezember 2012

Kein Wunder, dass der Ozean blau ist


Von 2003 bis 2011 studierte ich in Hildesheim Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus. Die nachfolgende Kurzgeschichte ist in einer der Studiengangsanthologien erscheinen, Landpartie heißt das, dieser Text steht in der von 2009
Tatsächlich ist dies ein Text, der es ziemlich weit gebracht hat: Ich habe ihn auf der Leipziger Buchmesse gelesen, in irgendsoeiner Galerie, in der ich kurz vor dem Lesungstisch stolperte, weil ich müde war, und Wein und Bier gehabt hatte, und etwas von der Kunst herunterriss, die dort an den Wänden hing.
Ich habe ihn auch in Weimar gelesen, auf dem Literaturfestival Juli im Juni von 2010, an meinem Geburtstag. Ich bekam einen Gingko geschenkt, und feierte noch ein bisschen, so lange, bis ich im Morgengrauen mit dem Ginkgo unter dem Arm (der mittlerweile in einer Punk-Kneipe umgefallen war) wieder ins Hotel zurückstolpterte. Ich möchte nicht wissen, was der Portier sich gedacht hat. 
Außerdem habe ich ihn einmal bei einem netten, kleinen Event in einen Mehrgenerationenhaus gelesen. Da hatte ich aber nur Cola.

Lustige Geschichte nebenbei: Es ist immer wieder ein Problem, das Emoticon am Ende des Textes auf einer Lesung zu lesen. Ich habe da verschiedenes ausprobiert, aber nie wirklich eine vernünftige Lösung gefunden. 

Inspiriert übrigens von dem Song "Pacific Ocean Blues" von Dennis Wilson, dank der GEMA leider nicht verlinkbar. Und diesen komischen, sehr jungen Mädchen, die mit diesen viel zu dünnen Beinen durch die Fußgängerzonen staksen. Und einem Essay über Pokémon, den ich parallel schrieb. 



Pacific Ocean Blues


Yeah yeah yeah yeah
Water yeah water yeah water yeah“

Dennis Wilson - Pacific Ocean Blues



Stürme innen, Stürme außen. Bild von hier.
Schon auf dem Schiff schimmerte das Metall in den Zähnen des Vogelmädchens. Pacific Ocean Blues bemerkte es nie. Das Metall war dem Vogelmädchen hinters Zahnfleisch geschoben zur Verstärkung ihrer hohlen Vogelknochen. Ihre Augen standen schief. Ich hatte die ¾ -Gitarre sicher unter Deck gebracht. Was sie trug war rosa und glänzte von kleinen Glitzersteinen. Meine Eltern stellten mich ihren Eltern vor und stellten mich ihr vor. Ich schüttelte ihre Hand, und sie sah mich mit ihren schiefen Augen an. Ihre rosa Glitzermütze flatterte im Seewind. Sie hatte Reiherbeine und weiße Haut aus weichem Plastilin.
So, sagte ich.
So, sagte sie.
Wir fahren zur Insel, sagte ich.
Hier gibt es nur Inseln, sagte sie.
Wie in Japan, sagte ich.
Hokkaido, sagte sie.

Prinzessinnen

Da sind sie lang. Bild von hier.
"Die Berichterstatter müssen nach Bruchpunkten suchen, weil dieser komische königliche Prunk, dieser mit voller Ernsthaftigkeit durchgezogene Pathos mit all diesen Fellmützenmusikern, durch-choreograhpierten Liturgien, die ganzen Kutschen, der Hutzwang für Frauen ohne die Möglichkeit, dass es scheitern könnte, einfach nicht erträglich wäre: Der Bruchpunkt ist dort, wo die Inszenierung kippt, und es ist schon die Suche nach den Bruchpunkten selbst, die die Geschichte, die da erzählt wird einerseits davor bewahrt ins Lächerliche zu kippen, und andererseits interessant macht."

Mehr hier. 

Ich kann auch anders. In diesen Text nämlich, eine Reportage, bzw. eigentlich eher ein Witz, fürs TITEL-Magazin, über die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton. Also eigentlich eher eine Reportage über die Berichterstattung darüber. Aber auch eine Reportage darüber, wie ich den ganzen Tag im Bett liege, Aufbackbrötchen esse und die Berichterstattung über die Hochzeit anschaue. Je mehr Ebenen, desto besser, vor allem, wenn ich bei einer davon im Bett liegen kann.