Montag, 15. September 2014

Ab auf die Burg


Ich habe mich ja als Burgenblogger beworben, da geht es um ein Stipendium zwischen Mai
Das ist nicht Burg Sooneck, sondern Carcassonne.
Trotzdem schön. Bild von mir.

und Oktober 2015. Ein bisschen Geld, und dafür darf man dann auf der Burg Sooneck wohnen. Das liegt im schönen Mittelrheintal, von dem ich zwar vorher noch nie etwas gehört habe, das allerdings tatsächlich ganz wunderschön aussieht. Zur kompletten Stellenausschreibung geht es hier
Ich bin einer von 540 740 Bewerbern, und von daher wird es wohl eher nichts, aber, hey: Einfach mal probieren. 
Viele der anderen Bewerber haben ihre Bewerbungen öffentlich gemacht (und tatsächlich auch sehr gut, eine Sammlung gibt es hier). Man interagiert auf Twitter, liest gegenseitige Blogeinträge, es ist im Grunde alles ganz lustig. 
Gewinner ist übrigens jetzt schon der- oder diejnenige, die sich die Ausschreibung ausgedacht hat - die Ausschreibung geisterte wochenlang durch meine sozialen Netzwerke, immer wieder, und die vielen Bewerbungen zeigen: Ich war da nicht der einzige. Und solche Werbung kann man sich für Geld kaum kaufen. 

Hier übrigens auch mal meine Bewerbung im Originaltext. Kein Video, keine Fotostrecke, nichts aufwändiges. Nur eine simple Mail. 


Hallo, 

ich bin auf Facebook über Ihren Artikel gestolpert - den zur Ausschreibung des Burgenbloggerstipendiums, und möchte mich hiermit sehr gerne bewerben. 

Idealerweise, dachte ich, stelle ich mich Ihnen erst einmal vor, bevor ich Ihnen meine Ideen für den sechsmonatigen Aufenthalt auf Burg Sooneck und im Tal drumherum vorstelle. Ich erspare Ihnen einfach mal den tabellarischen Lebenslauf als PDF im Anhang, liefere aber bei Interesse gerne nach.

Ich bin 1983 geboren, mittlerweile reife 31 Jahre alt, bin un Südfrankreich aufgewachsen und habe - nach einem kleinen Umweg über Disneyland Paris - in Hildesheim Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus studiert. 

Im Moment bin ich Texter und Teil der Social-Media-Redaktion eines Startups in Hannover in Teilzeit, die andere Hälfte der Zeit bin ich freier Autor und Journalist. Als Prosaautor habe ich in allen möglichen Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht, als Journalist arbeite ich unter anderem für lesen.netnachtkritik.de, Zeit Online, Zeit Campus und den SWR2. Sie können sich eine kleine Auswahl an Pubilkationen gerne in meinem Archivblog anschauen: http://jan-fischer.blogspot.de/, Sie können sich auch gerne auf meiner ( wirklich nicht selbstgeschriebenen!) Wikipedia-Seite informieren: http://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Fischer_(Autor).

Als Journalist befasse mich mit allen möglichen Dingen - Theater, Digitale Spiele, Literatur - am wohlsten fühle mich mich aber in den schönen, großen Langformen Essay und Reportage. Essay wie z.B. dieser hier: http://jan-fischer.blogspot.de/2013/10/ich-bin-im-april-nach-langen-schonen.html oder dieser hier: http://jan-fischer.blogspot.de/2013/02/drogengeschichte.html, Reportagen wie z.B. diese hier: http://jan-fischer.blogspot.de/2013/01/im-laufhaus.html (zu den jeweiligen Veröffentlichungsorten steht dort auch immer etwas). 

Als Prosaautor fühle mich mehr sehr wohl in der klassischen Short Story: http://jan-fischer.blogspot.de/2013/01/betonkreuzung.html, arbeite allerdings auch am zweiten Roman (der erste wird zur Zeit von meiner Agentur durch die Verlage gereicht). 

Ich betrachte mich gerne als netzaffin - schrecke aber immer wieder davor zurück, das mein Schaffen übernehmen zu lassen. Ich würde vielleicht sagen: Im Kern meiner Poetik bin ich Flaneur, der durchs Netz wandert aber auch gerne durch die Reale Welt, und versucht, das alles in Geschichten zu gießen. Ich habe vor, das für meinen Aufenthalt (sollte mich mich dort aufhalten dürfen) auf der Burg Sooneck miteinander zu verbinden.

Ich kenne das Mittelrheintal nicht, ich habe noch nie von Niederheimbach gehört - ich betrachte das als Vorteil.  Ich möchte als Fremder dort ankommen, und mich über Wanderungen an den Ort herantasten. Wanderungen hier in einem ganz weiten Sinn: Erst einmal, selbstverständlich immer gerne als Fußgänger, als einer, der durch die Gegend zieht und dokumentiert. Ich meine Wanderung aber auch als geistige Tätigkeit, als verarbeitende Tätigkeit, die selbstverständlich Gespräche mit Menschen mit einbezieht, die ich dort treffe, die ich treffen möchte, befragen möchte und mich mit Ihnen befreunde. Was ich tun möchte, ich mich selbst im Immer-weniger-Fremdsein dokumentieren, und zwar, indem ich den Ort, seine Bewohner, seine Eigenheiten kennenlerne, so, wie hier: http://jan-fischer.blogspot.de/2012/11/lokal-begrenzt.html, nur in viel größerem Maßstab.

Ich möchte ein wandernder Fremder sein, der sich treiben lässt und am Ende als Freund wieder nach Hause fährt. Das geht natürlich nur, wenn ich mich auf Orte und Menschen einlasse - Landschaft soll dabei genauso wichtig sein wie Menschen, Probleme genauso wichtig wie Schönheit, Politik so wichtig wie die Liebe.  Ich möchte diesen Prozess auch dokumentieren, möglichst kleinteilig. Mit allen Mitteln, die mir als Prosaautor und Journalist zur Verfügung stehen: Von verrätselten Miniaturen bis Interviews, von Essays bist Kurzgeschichten, von Notizen bis Reportagen. Ich möchte nichts anderes machen, diesen Luxus will ich mir erlauben. Selbstverständlich soll dieser Prozess nicht nur als Text stattfinden. Fotos sind notwendig, genau wie Filme und Audioschnipsel. Ich möchte, um soviel kennenzulernen wie möglich, soviel aufzeichnen wie möglich. 

Es geht dabei gar nicht um mich - beziehungsweise nur insoweit ich ein Medium sein möchte, das erkundet, aufzeichnet, verdichtet, publiziert. Der, der kennenlernt und transportiert. Der, der in die Fremde zieht und als Freund geht - ich erwähnte es schon. Ich stelle mir einen archäologischen Prozess vor, ein teilnehmender Beobachter, der 6 Monate lang gräbt. Mir ist klar, dass das ein großes Projekt ist, eine große Herausforderung, vor allem in dieser Länge und in dieser Dichte - ich freue mich, mich darauf einzulassen. 

Der vorläufige Veröffentlichungsort soll ein Blog sein - eines, dass diese ganzen Text-, Audio-, Foto-, und Filmschnipsel enthält. Ich stelle mir das als Herz des Ganzen vor. Gleichzeitig aber möchte ich in den sozialen Medien arbeiten. Ich habe Facebook (https://www.facebook.com/jan.fischer.7712) und Twitter (https://twitter.com/nichtsneues) als Medien kennengelernt, in denen man sehr gut beobachten kann. Ich möchte das nutzen: Wenn der Blog das Herz meiner Beobachtungen sein soll, sollen das die Arterien sein, die davon ausgehen. Kleine Skizzen, kleine Beobachtungen, kleinere Snapshots möchte ich auf speziell eingerichteten Twitter- und Facebookprofilen publizieren,größere Texte aus dem Blog selbstverständlich verlinken.

Tatsächlich könnte ich mir auch eine Menge andere Sachen zur Ergänzung vorstellen, gerade ganz konkrekt: Gastbeiträge im Blog von Einwohnern des Ortes, beispielsweise, regelmäßige Lesungen nicht nur von mir - man könnte auch andere Autoren / Journalisten einladen, um die Perspektiven zu erweitern, ich denke an Diskussionsveranstaltungen, Leseabende... das alles müsste man vielleicht vor Ort und am konkreten Fall besprechen. Jedenfalls soll das Projekt kein Einbahn-Projekt sein, sondern offen in beide Richtungen sein. Ich könnte mir auch vorstellen, sofern das möglich ist, regelmäßig Interessierte auf die Burg einzuladen, sei es einfach nur für ein gemütliches Essen und einen kleinen Umtrunk, vielleicht ein offenes Haus zu haben, wo immer Menschen vorbeischauen können. Auch das wird, denke ich, dazu beitragen, in diesem halben Jahr alles kennenzulernen, alles dokumentieren zu können. 

Ich könnte mir auch vorstellen, nach Abschluss des halben Jahres nicht einfach alles auslaufen zu lassen - möglich wäre sicherlich, alles das noch in eine kleine Publikation zu gießen, die sicherlich nicht nur im Selbstverlag erscheinen muss.

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