Freitag, 30. November 2012

Kriegsberichterstattung

"Anonymous wandelte sich mit der Zeit zu einer starken, kollektiven Identität, und mit der Zeit entstand aus der zügellosen Ursuppe von /b/ etwas anderes: /b/ war nunmehr nur die Keimzelle, der Ort, Anonymous nannten sich die Menschen, die sich dort bewegten. Und sie wollten sich ihre Freiheiten um keinen Preis beschneiden lassen"

Erster Teil der Reportage hier. Der zweite Teil ist hier


Flagge ohne Identität. Bild von hier.
Ende 2010 / Anfang 2011 legte ich mir ein hochkarätiges Antivirenprogramm zu und trieb mich in der Ursuppe des Internets (NSFW!) rum. Das war die Zeit der großen Attacken von Anonymous-Aktivisten mit der Operation "Payback" auf sich aufmerksam machten. Es gab eine Menge Berichterstattung über diese neue Form des Aktivismus. Mich interessierte das, nicht unbedingt der Aktivismus und die politischen Implikationen als solche - obwohl er deutlich weniger muffig ist als alles andere, was sich vorher so Aktivismus nennen konnte -, sondern eher die Frage, wie eine solche Gruppe überhaupt funktioniert, und wie sie sich entwickeln konnte. 

Ich befasste mich also mit der Geschichte von Anonymous, versuchte, Fakten von Legenden zu trennen, versuchte, mich damit zu befassen, wie ein kollektives Bewusstsein überhaupt greifbar sein kann, ohne mich auf Vereinfachungen einzulassen (Stanislaw Lem half mir bei dieser Frage weiter). 

Ich stellte fest, dass die meiste Berichterstattung den Fokus auf die politischen Aktionen von Anonymous legte, aber mit keinem Wort das erwähnte, was ich für mich unter "grobem Unfug" zusammenfasste, also diejenigen Aktionen, denen man von außen keinen Zweck, keinen Sinn auferlegen konnte, Aktionen, die einfach nur böse waren, kaum mehr als pubertärer Humor.

Das ist auch wieder so eine Geschichte, die längst von der Realität eingeholt worden ist - spricht noch jemand von Anonymous, in letzter Zeit? - und ich glaube, dass meine These, dass diese medial erzwungene Ausrichtung von Anonymous auf politische Ziele das Ende des Kollektivs bedeutete, sich als richtig erwiesen hat. 

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